Hochschule Düsseldorf
University of Applied Sciences
Fachbereich Wirtschaftswissenschaften
Faculty of Business Studies
​​​​​​​​​​​​​​​​​​An dieser Stelle finden Sie Materialien, die Interesse für das Lehr- und Forschungsgebiet wecken sollen. Es handelt sich dabei um einführende Texte zu Themen, die sich besonders für eine Web-Darstellung eignen. Zur weiteren Analyse können die jeweils angegebenen Quellen genutzt werden (für alle angegebenen Links gilt der disclaimer).

​​Globales Sozialprodukt​​

Wirtschaftswachstum, also die Wachstumsrate des Sozialprodukts bzw. Nationaleinkommens, ist von zentraler Bedeutung in der ökonomischen Analyse. Nicht zuletzt im Zuge der Globalisierung zeigen sich dabei signifikante Unterschiede zwischen Volkswirtschaften. In diesem Beitrag werden einige Grundbegriffe erläutert (z.B. der Zusammenhang zwischen Sozialprodukt und Wohlstand) und die Datenlage durch Grafiken dargestellt (unter Nutzung eines GIS - Geographisches Informationssystem). Die Gründe für Entwicklungsunterschiede werden ebenso angesprochen und internationale Wachstumsverläufe in einer Animation gezeigt.


Globales Sozialprodukt und dessen Entwicklung im internationalen Vergleich

Ein aussagekräftiger internationaler Vergleich des Sozialprodukts erfordert eine adäquate Auswahl der Datenbasis

Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Landes wird zumeist gemessen durch das Sozialprodukt (vgl. bei Eurostat zu den Definitionen von Bruttoinlands- und Bruttosozialprodukt bzw. Bruttonationaleinkommen laut des neuen Europäischen Systems volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen; im Folgenden werden Daten zum Bruttoinlandsprodukt [BIP] verwendet und synonym vom Sozialprodukt gesprochen). Darunter kann vereinfacht die Summe aller innerhalb eines Kalenderjahres in einem Lande erbrachten Güter und Dienstleistungen (bzw. deren Werte) verstanden werden. Betrachtet man das Sozialprodukt in globaler Perspektive, so lässt sich eine erhebliche Konzentration auf wenige Länder feststellen.





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​Bruttoinlandsprodukt 2000 in Mrd. US-$​

Wie die Karte zeigt, verfügen die westeuropäischen Länder, Nordamerika sowie China und Indien über einen ganz erheblichen Teil des weltweiten Sozialproduktes. Dies mag auf den ersten Blick erstaunen, da das Sozialprodukt auch als Indikator für den "Reichtum" eines Landes angesehen wird. Wieso können also bekanntermaßen "arme" Volkswirtschaften wie Indien ein hohes Sozialprodukt aufweisen?

Die Antwort liegt in der Bevölkerungsanzahl. Ein hohes Sozialprodukt eines Landes sagt wenig darüber aus, über wie viel "Reichtum" der einzelne Bewohner verfügt. Eine sinnvollere Aussage wird erreicht, wenn man das Sozialprodukt pro Kopf errechnet.

​Bruttoinlandsprodukt pro Kopf 2000 in US-$

Die obige Darstellung zeigt ein Bild, dass sich der intuitiven Vorstellung wesentlich nähert: lediglich die Industrieländer sind "reiche" Nationen. International vergleichende Statistiken passen die Daten aber noch weiter an, indem das jeweilige Sozialprodukt der einzelnen Länder nicht einfach zum herrschenden Wechselkurs in eine einheitliche Währung (zumeist den US-$) umgerechnet wird, sondern zu einem Wechselkurs, der der sogenannten "Kaufkraftparität" entspricht.

Der Grund hierfür liegt auf der Hand: in weniger entwickelten Ländern sind (nicht-handelbare) Güter und Dienstleistungen wesentlich preisgünstiger als in den Industrieländern. Gute Beispiele hierfür sind z.B. ein Haarschnitt beim Friseur oder auch eine Immobilie. Ein Dollar hat also in Entwicklungsländern i.d.R. eine höhere Kaufkraft als in Industrieländern. Werden die statistischen Daten entsprechend angepasst, nähern sich die Daten von mehr und weniger entwickelten Ländern wieder tendenziell an.

​Bruttoinlandsprodukt pro Kopf 2000 in US-$ zur Kaufkraftparität

Entsprechende Daten werden in internationalen Vergleichsanalysen als Wohlstandsindikator herangezogen. Kann also das Sozialprodukt pro Kopf zur Kaufkraftparität der Wohlfahrt gleichgesetzt werden? Wichtige Gründe sprechen dagegen, z.B.:

  • Das Sozialprodukt misst nur die Einkommen eines Landes (sogenannte "Stromgrößen"), die vorhandenen Bestandsgrößen gehen nicht in die Berechnung ein. Hingegen zeigt der common sense, dass man auch ohne Einkommen sehr wohl reich, weil vermögend, sein kann. Im Rahmen internationaler Vergleiche würde dies bedingen, dass traditionelle Industrieländer tendenziell als wohlhabender angesehen werden müssen, als dies Sozialproduktvergleiche zeigen.
  • Auch kann Wohlfahrt nicht auf die monetäre Dimension reduziert werden. Die Volksgesundheit, die Verteilung der Einkommen und Vermögen, die Infrastrukturausstattung oder auch der Umweltzustand beeinflussen ebenfalls den Wohlstand einer Nation. Entsprechende Faktoren versuchen Indikatorsysteme wie der Human Development Index zu berücksichtigen, sind aber in ihrer Konzeption wissenschaftlich umstritten, da sie nicht wertfrei zu erstellen sind.

Als Fazit bleibt: Der Vergleich von Sozialproduktgrößen zur Messung der Wohlfahrt ergibt sich eher aus einer statistischen Notwendigkeit. Bezüglich der tatsächlichen Wohlfahrt eines Landes sind diese Daten allerdings mit gewissen Vorbehalten zu interpretieren bzw. zu modifizieren.

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Zeitliche Entwicklung der angepassten Daten zum Bruttoinlandsprodukt

Nur einige Weltregionen konnten das Wohlfahrtsgefälle zu den westlichen Industrieländern in dem letzten Viertel des 20. Jahrhunderts reduzieren. Unterschiedliche Sozialproduktdaten der Länder ergeben sich letztlich aufgrund unterschiedlicher historischer Wachstumsraten des Sozialproduktes. Die folgende Animation zeigt die Entwicklung des Sozialproduktes in der Periode von 1976-2000 (Link zur Animation im Vollbild).

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Weltweite Wirtschaftsentwicklung 1975-2000​

Das Sozialprodukt der Länder im Jahre 1975 wurde dabei als Ausgangsniveau ("Meeresspiegel") festgesetzt, die Erhöhung des Sozialproduktes von diesem Ausgangsniveau wird durch die Höhe der Balken angezeigt. Die jährlichen Wachstumsraten sind farblich gekennzeichnet (vgl. dazu die Legende).

Auffällig sind dabei folgende Entwicklungen im Zeitablauf:

  • Relativ konstante Wachstumsraten der Industrieländer im Zeitablauf. Als Gründe hierfür können eine weitgehend konstante und marktwirtschaftlich orientierte Wirtschaftspolitik gelten.
  • Hohe Wachstumsraten innerhalb des asiatischen Wirtschaftsraumes. Diese Erfolge ergeben sich durch eine starke Kapitalbildung verbunden mit einer verstärkten internationalen Öffnung der Volkswirtschaften. Dabei konnte in vielen Ländern der Region das Wohlstandsgefälle zu den Industrienationen in der Ausgangssituation deutlich reduziert werden.
  • Volatiles Wachstum in Lateinamerika. Ein wesentlicher Grund für die uneinheitliche Entwicklung der lateinamerikanischen Länder ist in der fehlenden wirtschaftlichen Stabilität zu sehen (vgl. dazu z.B. Inflationsraten). Auch wenn einzelne Landesdaten mit Vorsicht zu interpretieren sind (nicht zuletzt aufgrund der statistisch bedingten, zufälligen Wahl der Ausgangsperiode), ist hier auf die für die Region untypischen Wachstumserfolge Chiles mit seiner vergleichsweise stabilitätsorientierten Wirtschaftspolitik hinzuweisen.
  • Geringe Wachstumsraten in Afrika, nicht zuletzt bedingt durch die politischen und wirtschaftlichen Instabilitäten (vgl. dazu ebenfalls Inflationsraten).
  • Geringe Wachstumsraten in den (osteuropäischen) Ländern unter sozialistischer Wirtschaftsordnung (infolge der politischen Umwälzungen ist das verfügbare Datenmaterial bzw. die Länderabdeckung rar). Die Unterlegenheit des sozialistischen Wirtschaftssystems lässt sich dabei insbesondere bei Ländervergleichen zwischen Ost- und Westdeutschland, Nord- und Südkorea sowie China und Taiwan sowie Hongkong ableiten.

Die obigen Aussagen können auch zur Prognose der wirtschaftlichen Entwicklung herangezogen werden. Je höher die wirtschaftliche sowie politische Stabilität und je weitgehender die marktwirtschaftliche Orientierung einer Volkswirtschaft, desto höher werden die Wachstumsraten ausfallen. Für die Unternehmen ist dies gleichbedeutend mit einem umsatzfördernden Umfeld. Im Rahmen der Unternehmensplanung können GIS-Daten noch weiter spezifiziert werden, um beispielsweise die Verteilung der Wirtschaftskraft innerhalb eines Landes oder bestimmter Nachfragergruppen zu veranschaulichen und so für die Unternehmensplanung nutzbar zu machen, z.B. für die betriebliche Standortplanung.

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Ausgewählte Quellen zur weiteren Information:

Stand: Juni 2004 - Update der Links: November 2010

 

Copyright © Prof. Dr. Hans-H. Bleuel

Grafiken erstellt durch Christoph Kachel